Mehr als vier Monate sind vergangen, seit wir beim Hearth Summit Berlin zusammenkamen, um einen Raum für kollektives Lernen zu Fragmentierung und Verbundenheit zu eröffnen. Rund 150 Personen haben sich mit großer Offenheit, Mut und Präsenz eingebracht – dafür sind wir sehr dankbar und möchten uns ebenso bei all denjenigen bedanken, die zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben!
Mit diesem Rückblick wollen wir unsere Perspektive auf die gemeinsame Erfahrung sowie Stimmen der Facilitator*innen teilen. Die Videos dazu möchten wir Euch sehr ans Herz legen. Ihr findet sie unter diesem Link.
Unser Anliegen und die Herangehensweise
Der Summit war ein Experiment. Wir wollten erforschen, wie es möglich ist, Fragmentierung nicht nur zu analysieren und über sie zu reden, sondern ihr zu begegnen – in uns selbst, in Beziehung, im kollektiven Feld. Es ging uns dabei um folgende zwei Kernfragen:
Dieses Vorhaben war ambitioniert. Und es hat uns alle spürbar gefordert.
Wir haben erlebt, wie schwer es auf unserem Summit war, mit offensichtlich unterschiedlichen Positionen zu zentralen gesellschaftlichen Themen miteinander in Verbindung zu bleiben. Wir haben erlebt, wie diese Unterschiedlichkeiten Räume für Begegnung und Verbindung verengen oder für manche sogar schließen können. Und wir haben auch erlebt, dass durch geteilte Erfahrung und Offenheit Räume und neue Möglichkeiten für Verbindung entstehen können.
Zur Programm- und Prozessgestaltung
Im Programm des Hearth Summits haben wir versucht, Symptome und Ursachen von Polarisierung zu unterscheiden und diese Unterscheidung erfahrbar zu machen (siehe Eisberg-Modell). Mit der Frage, was eigentlich persönliche Gründe für Fragmentierung zu bestimmten Themen sind und aus welcher Überzeugung und Empfindung diese stattfindet.
Flankiert wurde dieser Ansatz durch künstlerische Interventionen, die mit Musik und Poetik andere Zugänge und (innere) Bewegungen zum Thema des Summits ermöglichten, sowie vertiefende Workshopangebote, die sich mit Gesellschaftlicher Unterdrückung, Loslassen, körperlicher Bezogenheit sowie Sprechen und Zuhören beschäftigt haben.
Sicherheit und erwartbarer Rahmen
Im Prozess des Hearth Summits haben wir versucht, allen Stimmen Raum zu geben. Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, dass die Äußerungen sich im Rahmen bestimmter Werte bewegen. Dazu haben wir zu Beginn des Summits eine Werte-Vereinbarung, die Commitments, sichtbar gemacht und erläutert, die ihr noch einmal nachlesen könnt:
Die Commitments beschreiben das WIE im Prozess. Allerdings war der Rahmen nicht transparent genug. Damit meinen wir den expliziten Hinweis vorab, dass wir jede auftauchende Perspektive und Wahrnehmung einladen möchten und es dadurch auch unangenehm und schmerzhaft werden kann, weil auch menschenverachtende oder gewaltvolle Weltansichten benannt werden könnten. Nicht gegen andere - das haben die Commitments nicht zugelassen - aber benannt als eigene Perspektive. Der Hearth Summit Berlin hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, den erwartbaren Rahmen schon vor dem Event sehr klar zu definieren. Dabei steht die Unterscheidung von sicherem Ort und Spannung zwischen Menschen im Zentrum. Einen sicheren Ort für alle gibt es nicht. Und auf die Möglichkeit, auf ganz andere Perspektiven zu stoßen und damit Spannungen zu erleben, hätte bewusst hingewiesen werden können. Da wir diese Unterscheidung aber zu Beginn nicht gemacht und dazu kein klares Einverständnis eingeholt haben, vermischten sich die Ebenen von Spannungen und einem vermeintlich sicheren Ort. Dadurch, dass die Unterscheidung fehlte, ist diese Vermischung im Prozess selbst aufgetaucht. Das hat ihn für manche sehr herausfordernd gemacht und bedrohlich sein lassen. Dafür übernehmen wir die Verantwortung.
Durch die Erkennbarkeit von weit auseinander liegenden politischen Positionen und kurzzeitig aggressive Kommunikation (die vom Moderator*innen-Team eingehegt wurde), haben Teilnehmende Spannungen erlebt. In dem daraus entstandenen Gruppenprozess ist eine Trennung persönlicher Prozesse und des gemeinsamen Prozesses insgesamt erschwert worden, der Raum wurde zu belastend für einige Teilnehmende und sie haben sich entschieden, die Veranstaltung zu verlassen. Sie haben sich nicht mehr sicher gefühlt, da sie eine andere Erwartung zum Rahmen hatten, wofür wir vollstes Verständnis haben (die Teilnehmenden haben anschließend Unterstützungsangebote bekommen und wir haben den Tagungsbeitrag zurückerstattet). Gleichzeitig bedauern wir sehr, dass durch diese Unklarheit bei Ankündigung der Veranstaltung unsererseits keine Integration der aufgetauchten Spannungen im Rahmen der Veranstaltung stattfinden konnte und möchten uns für Verletzungen entschuldigen, die dadurch entstanden sind!
Einige unvollständige praktische Ableitungen aus unserer Erfahrung:
Zum Abschluss
Dieser Summit war kein perfekter Raum. Aber er war reich und echt. Voller Risiko, Reibung, Erkenntnis. Durch Kunst, Begegnung, Mut und Gemeinschaft sind wir grundlegenden Dynamiken unseres Zusammenlebens begegnet. Mit all ihren Qualitäten und auch Herausforderungen. Der Summit hat uns gezeigt, dass das Aushalten von Unklarheit, Ambiguität und Unfertigkeit nicht nur herausfordernd, sondern auch notwendig ist für echte Transformation.
Wir hoffen, dass die vielfältigen Erfahrungen, die ihr gemacht habt – sei es kraftvoll, irritierend, schmerzhaft oder verbindend – euch Impulse schenken, die euch auf eurem Weg weiter begleiten und bereichern. Und wir danken euch für das Vertrauen, Teil dieses offenen Prozesses gewesen zu sein.
Wir bleiben mit weiteren Fragen. Und mit der tiefen Überzeugung: Transformation beginnt da, wo wir bereit sind, gemeinsam hinzuschauen.
In Dankbarkeit,
Kerstin und Lukas
An Invitation to a Brave Space
Together we will create brave space
Because there is no such thing as a “safe space”
We exist in the real world
We all carry scars and we have all caused wounds.
In this space
We seek to turn down the volume of the outside world.
We amplify voices that fight to be heard elsewhere,
We call each other to more truth and love
We have the right to start somewhere and continue to grow. We have the responsibility to examine what we think we know. We will not be perfect.
It will not always be what we wish it to be
But
It will be our brave space together,
And
We will work on it side by side.
Micky Scottbey Jones