In der neuen Folge unserer Podcast-Reihe „Wir kriegen die Krise.“ zu Resilienz und Zivilgesellschaft sprechen wir mit Dr. Marina Beermann, Geschäftsführerin von cociety – Initiativen für eine resiliente Gesellschaft, über soziale Bindung als einen zentralen Resilienzfaktor für zivilgesellschaftliche Organisationen und Netzwerke. Die These: Resilienz geht nur zusammen.
cociety ist ein Netzwerk aus bislang acht gemeinnützigen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in unterschiedlichen Bereichen – von Naturschutz über Kultur bis Entwicklungszusammenarbeit – aktiv sind. Sie wollen ihre Wirksamkeit erhöhen, indem sie sich zusammentun und sich gemeinsam für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Resilienzförderung einsetzen.
cociety hat ein eigenes, interessantes Konzept von Resilienz entwickelt. Vier Faktoren stehen dabei im Zentrum. Stärkt man diese in der Gesellschaft, stärkt man auch die Resilienz der Gesellschaft – so die Annahme der Netzwerkorganisation.
Die vier Resilienzfaktoren im Einzelnen:
1. Transformationsfähigkeit: Hier geht es um die Veränderungsoffenheit und -bereitschaft von Menschen. Die Grundannahme dahinter: Wandel kann als Konstante begriffen werden, unser Umgang mit Veränderung in vielen Lebensbereichen ist daher essenziell.
2. Vernetzung: Austausch, Kooperation und vernetztes Denken sind zentral, um der Vielschichtigkeit von Veränderungen und Perspektiven begegnen zu können. Komplexe Zusammenhänge können nur gemeinsam verstanden werden.
3. Empowerment: Der Umgang mit Veränderung ist erlernbar – und muss erlernt werden. Dafür braucht es Ansätze und Methoden, aber auch positive Zukunftsbilder und Selbstwirksamkeitserfahrungen.
4. Diversität: Vielfalt dient als ein Sicherheitsnetz für Organisationen und Gesellschaften. Mehrere Standbeine geben mehr Halt als eines. Das ist der Grundgedanke hinter diesem Resilienzfaktor.
Mehr über das Resilienzverständnis von cociety findet sich auf der Website des Netzwerks.
Wer unsere Arbeit zum Thema Resilienz bereits verfolgt hat, weiß, dass wir eine Vielzahl von Resilienzressourcen herausgearbeitet haben, die zivilgesellschaftliche Organisationen in den Blick nehmen und stärken können. Auf den ersten Blick scheint dies mit den übersichtlichen vier Resilienzfaktoren von cociety in Widerspruch zu stehen. Auf den zweiten Blick aber lässt sich erkennen: Beide Ansätze knüpfen an wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Resilienz im sozialen Bereich an. Dabei werden jedoch verschiedene Ebenen und Detailtiefen fokussiert.
Während cociety ein operatives Konzept für die eigene Arbeit im Netzwerk entworfen hat, haben wir in unserer Forschung eine detaillierte Sammlung relevanter Resilienzressourcen angestrebt, mithilfe derer sich verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen mit ihrer Resilienz befassen können. Die vier Faktoren, die cociety für sich identifiziert hat, sind dort auch zu finden – teils unter anderen Begriffen, nämlich Veränderungsoffenheit, interne und externe Vernetzung, Lernfähigkeit und Diversität. Dazu stellen wir jedoch noch viele weitere Resilienzressourcen gruppiert in insgesamt fünf Clustern vor.
Dadurch wird es möglich, dass eine andere Organisation eine Auswahl anderer Resilienzressourcen in den Fokus nimmt und sie vielleicht auch anders benennt, um Anschlussfähigkeit an ihr Umfeld zu schaffen. Und das ist super, denn Resilienz ist aus unserer Sicht keine Frage des Wordings, sondern eine Frage der Haltung – nämlich Krisen auf eine Art zu begegnen, die es ermöglicht, langfristig handlungsfähig zu bleiben. Für die eigene Arbeit die passenden Schwerpunkte in diesem Unterfangen zu finden, ist cociety perfekt gelungen – für uns ein Best-Practice-Beispiel.
Wir bedanken uns bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die unser Forschungsvorhaben “Die resiliente Zivilgesellschaft” fördert.
Bei Fragen und Anregungen zum Podcast schreibt uns eine Email an lab@betterplace-lab.org.